Making the impossible possible…

Es ist nicht mal ein Jahr her, da hätte ich jedem, der mir vorgeschlagen hätte, 20 Kilometer am Stück zu laufen, den Vogel gezeigt. “Ich kann mit Wasser besser als mit Asphalt” war meine Standard-Aussage Ausrede (als gelernter Schwimmer), vermutlich hauptsächlich mir selbst gegenüber. Nun, nach einem dreiviertel Jahr haben sich völlig neue Perspektiven eröffnet. Meine erste wirklich geplante Triathlon-Saison steht vor der Tür und als kleines Intro zu dem Kommenden möchte ich einfach einige meiner gemachten Erfahrungen hier der Öffentlichkeit zugänglich machen um evtl. dem ein oder anderen aufzuzeigen, was alles möglich ist, wenn man sich nur mal traut, auch etwas zu riskieren.

Fast 20 Kilometer am Stück ohne aus der Puste zu kommen gehört für mich inzwischen in mein wöchentliches Trainingsprogramm. Eigentlich wolle ich letztes Jahr nur meinen bürogestählten Körper, der im Laufe der Jahre als Schreibtischtäter doch einiges seiner einst jugendlichen Eleganz eingebüßt hat, nur wieder ein wenig auf Vordermann bringen. Wenn man als Drehstuhl-Täter arbeitet und nichts für das körperliche Wohlbefinden tut, dann kommt unweigerlich der Punkt, wo der Kredit, den man sich in seinen jungen Jahren als Schwimmer aufgebaut hat, aufgebraucht ist und man die gesamte Summe samt Zinsen zurückzahlen muss. Es ist erstaunlich, an welchen Ecken und Enden die menschliche Anatomie zu rattern und knarren anfangen kann.

Folglich war die Entscheidung, mal so ein paar Kilometer zu laufen, um vielleicht einige Kilos wegzubrennen und die interne Maschine mal wieder durchzulüften, nur folgerichtig. Nach einem ersten Versuch vor zwei Jahren, welcher grandios an zu hoch gesteckten Zielen, falschen Schuhen und einem dezent zu hohen Körpergewicht, welches beim Laufen auf die Knie und die Füße schlug, scheiterte, begann Mitte letzten Jahres der zweite Versuch. Anfangs nur mit Zielen wie den JP Morgan Chase Lauf und die 5 Kilometer Staffel beim Ironman Nightrun halbwegs mit Anstand durch zu laufen, nahm das ganze Unternehmen eine fatale Wendung mit der Aufforderung seitens meiner Schwester und meines Schwagers, mich für einen Volkstriathlon zu melden.

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Noch bevor ich mich versah, tauchte mein Name auf der Meldeliste für den Rodgau-Triathlon auf, welches gleichzeitig mein zerebrales Motivationszentrum auf den Plan rief. Vielleicht sollte ich erstmal austesten, ob ich überhaupt (noch) in der Lage war, 400 Meter zu schwimmen, irgendwie 14 Kilometer am Stück Rad zu fahren und dann noch 4-5 Kilometer durch den Wald zu rennen.

Also hieß es ab aufs Rad, und im Schwimmbad mal wieder (nach vielen Jahren) 16 Bahnen ab Stück schwimmen. Nach einem ersten Rad-Versuch, der mir sowohl zeigte, dass man einerseits auch bei einem kurzen Halt an der Ampel mit einem Wadenkrampf einfach vom Rad fallen (sicher zur Erheiterung der anwesenden Autofahrer) aber durchaus eine solche Distanz am Stück bewältigen kann und vor allem, das Radfahren einfach nur Laune macht, war die erste Entscheidung gefallen: Das ganze musste ausgebaut werden. Zudem verfing sich meine Badezimmer-Waage in einem konstanten Abwärtsstrudel und aus den anfänglich angepeilten 5 kg Gewichtsreduktion wurden bis heute mehr als 20.

Konsequenter Weise wurde die Konzentration aus Sportequipment in unserem Kleiderschrank kontinuierlich erhöht und noch bevor sich meine Holde versah, versperrte ihr ein schniekes Rennrad den freien Zugang zu unserem Keller. Plötzlich gab es wieder mehr als nur eine (Spaß-)Badehose in meiner Schwimmtasche und die Garderobe wurde um ein paar Laufschuhe erweitert.

Aus ein paar Kilometer Geschleiche durch den Wald wurden über kurze Zeit sechs, siebe oder acht Kilometer-Runden mit sich stetig verbesserndem Kilometerschnitt.

Aber das wirklich Beeindruckende in dieser Phase war, zu erfahren, wie sehr man seinen Körper doch durch gezieltes Training weiter bringen kann und das es möglich ist, jenseits seiner bisher für unverrückbar geglaubten Grenzen zu agieren.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Rein sportlich waren das alles unterdurchschnittliche Leistungen, aber psychisch war es der Grundstein von dem, was mich bis heute motiviert – die Erkenntnis, dass es möglich ist, seine für fundamental gehaltenen körperlichen und mentalen Limits zu überwinden.

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Vermutlich werde ich in meinem Leben nicht in der Lage sein, irgendwann einen Marathon unter drei Stunden oder einen Ironman unter 10 Stunden zu finishen. Das ist aber auch gar nicht das Entscheidende…

Ich habe auch nicht daran geglaubt, dass es möglich ist, in weniger als einem Jahr 20 kg abzunehmen oder dass ich jemals einen Halbmarathon laufen könnte. Das eine Ziel ist bereits erreicht (inklusive aller für mein Alter schädlicher Nebenwirkungen wie “Schatz, sind das die letzten Fettröllchen oder ist da Haut zu viel….” – Grummel…Ich bin nicht mehr Mitte 20, da brauchen die epidermischen Strukturen schon etwas länger um nach rapidem Gewichtsverlust Spannkraft zu entwickeln) und der Halbmarathon ist eigentlich nur Formsache.

Schon erwische ich mich dabei, über größere Ziele nachzudenken: Wann kommt im Triathlon die erste Halbdistanz, werde ich es doch noch schaffen, einen Langdistanz zu laufen und melde ich doch noch dieses Jahr für den Frankfurt-Marathon (Danke Tony), etc. pp.?
Alles Dinge, die ich für mich immer kategorisch ausgeschlossen habe – genau bis zu dem Tag, als ich zu der Erkenntnis gelangte, dass die einzige Barriere, die es zu überwinden gilt, in unseren Köpfen existiert. Wir trauen uns selbst zu wenig zu und finden bereits vorher die Gründe, warum wir scheitern (könnten).

 Ich habe mir jahrelang selbst eingeredet, nicht laufen zu können: Im Kern ist das vermutlich sogar richtig, ich werde niemals ein Top-Langstreckenläufer, welcher den Marathon unter drei Stunden bewältigt. Aber auf der anderen Seite steht, dass ich vermutlich die 10 Kilometer schneller laufen kann, als 85 – 90 Prozent aller meiner Mitbürger (von dem Fakt, dass die Meisten bereits bei dem Gedanken an eine Strecke von mehr als 5 km schon streiken würden, mal abgesehen).
Der einzige Grund hierfür ist: Ich habe riskiert es zu probieren und mehr gelernt als nur über die eigenen (bisher vermuteten) Grenzen hinaus zu gehen.

 Was also ist die Quintessenz des Ganzen: Es geht nicht um Sport allein, es geht darum, seine eigenen Limits stetig zu pushen. Ich  bin mir ziemlich sicher, die positiven Überraschungen werden die negativen Erfahrungen, welche man dabei machen wird, bei weitem übertreffen. Wenn man dabei den Satz “Wenn Du etwas machst, dann mit Würde” nicht außer Acht lässt, kann man dabei nicht verlieren.

Ich jedenfalls freue mich auf das, was dieses Jahr auf mich zukommt und was danach noch folgen wird.