Am Abgrund der Dummheit oder die unerträgliche Leichtigkeit der Dysfunktionalität

Ein altbekanntes Sprichwort weiß, dass Aufgeschoben nicht gleich Aufgehoben ist und nachdem mir im letzten Jahr kurz vor Redaktionsschluss des traditionelle Rants eine thematische Steilvorlage geliefert wurde, kann ich mich nun dieses Jahr dem eigentlich geplanten Thema 2023, nämlich den Zustand unseres Landes, widmen.

Nicht, dass es so kurz vor Jahresende an frischen Steilvorlagen gemangelt hätte von denen jede Einzelne es verdient hätte, in einen wutbürgerlichen Vorschlaghammer verwandelt zu werden. Die allgemeine und auch die spezielle aktuelle Situation gebietet es jedoch, nicht mehr ein einzelnes Ärgernis zu sezieren, sondern die Kettensäge zu befüllen (mit fossilem Brennstoff natürlich) und die aktuelle Gesamtsituation in grobe Stücke zu zerlegen. Nicht, dass es was ändern würde, aber es befreit natürlich ungemein und hinterlässt optisch ein weitaus beeindruckenderes Ergebnis als die metaphorische Laparoskopie.

Jetzt stellt sich dem Autor – also mir – natürlich die Frage, wo anfangen? Ganz im Gegensatz zu meinen üblichen Gewohnheiten werde ich dieses Jahr am hinteren Ende des Irrsinns beginnen und mich Schritt für Schritt – sofern das marode Fundament mich inhaltlich noch trägt – Richtung „Anfang“ vorarbeiten. Einfach weil ich es kann…

Also widmen wir uns zuerst den Geschehnissen in und um unser Gesundheitssystem herum, welches zum Jahresende noch einmal ordentlich Zündstoff produziert hat. Nicht nur, dass die Beiträge zum neuen Jahr völlig überraschend „mal wieder“ angepasst werden müssen (wobei „angepasst“ interessanter Weise immer und ausschließlich „erhöht“ bedeutet), nein, ganz plötzlich fällt Gesundheits-Kalle drei Monate vor vorzeitigem Amtsende ein, dass die Ungleichbehandlung privater und gesetzlich Verunsicherter durchaus harsch zu kritisieren sei. Also verbal…in Talkshows und Zeitungsartikeln…und so…

Da stellt sich dem gemeinen Beobachter natürlich die Frage, wer denn den Hut für Veränderungen im Gesundheitssystem auf dem Haupte trägt und mich beschleicht das Gefühl, dass es sich dabei nicht um Lothar Matthäus handelt. Vielleicht tue ich dem Herrn auch unrecht und entsprechende Maßnahmen um diese Situation etwas zu „verbesser“ waren für die letzten sechs Monate der Legislaturperiode angedacht und nun können diese aufgrund eines Regierungsprolaps (zu dem Thema später mehr) leider nicht mehr aktiv angegangen werden.

Überhaupt stellt sich die Frage, ob unser Gesundheitssystem noch andere Leistungen vollbringen kann, außer regelmäßig teurer zu werden, denn die Performance ist im Vergleich zu den Kosten eher als Überschaubar einzustufen mit stark abknickender Tendenz nach unten (bei der Performance natürlich, nicht bei den Kosten). Gerne wird in diesem Zusammenhang auf die Vorteile, welche wir gegenüber anderen Ländern haben, hin gewiesen, ganz vorne dabei natürlich die FREIE ARZTWAHL, ein Spezialkonstrukt Made in Germany. Die Realität unterscheidet sich hier leider frappierendst vom Wunschdenken. Jeder gesetzlich Versicherte weiß davon ganze Opern zu singen. Wer einen neuen Hausarzt sucht stellt schnell fest, dass dies sich langwieriger gestalten kann, als in der Deutschen Demokratischen Republik einen Trabi bestellt oder einen Telefonanschluss beantragt zu haben. Prinzipiell sind nämlich alle Hausärzte erst mal VOLL Also mit Patienten! Was den Intoxikationslevel diverser Allgemeinmediziner angeht, will ich mir kein Urteil erlauben. Und wenn man nicht geraden mit dem Kopf unterm Arm die Praxis-Räumlichkeiten betritt und hochoffiziell auf Äskulap schwört, dass man nicht mehr in der Lage ist auch nur einen Schritt weiter zu gehen, dann bleibt einem die Aufnahme in die heiligen Hallen des Patientenstammes verwehrt. Das hat mit irgend einer Wahl nichts mehr zu tun.

Über die Situation von Fachärzten muss man sowieso kein Wort mehr verlieren, denn die Wahl hier beschränkt sich auf „kann einen Termin haben, kurz bevor das nächste Erdzeitalter anbricht“ und „schaffe ich vor meiner Beerdigung nicht mehr“.

Man nimmt als Siechender alles was man kriegt, wählen kann wer Kohle auf den Tisch legt. Zusätzlich zu den Monetas, die man eh schon ins System gepumpt hat versteht sich.

Dann wäre da noch diese Sache mit der EPA, also der elektronischen Patientenakte, welche aber im Gegensatz zu dem nicht verwandten EPO überhaupt nicht leistungssteigernd wirkt, dafür aber am Ende etwa genau so illegal sein dürfte. Schon dieses „Machwerk“ hätte einen eigenen Jahres-End-Rant verdient, allein ich hebe es mir für das nächste Jahr auf, wenn dann das Kinde mit dem Bade dem Brunnen den Boden ausgeschlagen hat. Um es auf einen kurzen prägnanten Satz zu bringen: Dilettantismus oberhalb jedweden Verständnishorizonts! Technisch, organisatorisch und rechtlich! Der zur Seite geneigte Leser möge sich bei den einschlägig bekannten Quellen (Netzpolitik, CCC und Co.) informieren und bitterlich weinen.

Ansonsten hätten wir da noch diverse weitere Baustellen wie Krankenhausreform, Corona-Aufarbeitung, Pflegenotstand (ja, immer noch, nachdem man ja 2020 mal die Dings…äh….wie hieß das noch…äh ja, die Eier in die Hand nehmen wollte, oder so). Summa cum sum laude: Das System ist in einem nicht nur nicht guten Zustand sondern es bröselt und bröckelt so vor sich hin und nähert sich eher dem Zustand des Kollaps als dem der Generalsanierung.

Apropos Kollaps und Bröseln. Welch passende Überleitung zum nächsten Thema. Brücken! Wobei Brücken dem Umfang der Problematik nicht ganz gerecht wird auch wenn ein sehr umfänglicher Teil eben dieser Bauwerke entweder im sehr schlechten oder schon zusammengestürzten Zustand vorzufinden sind. Jedoch befürchte ich, dass wir das Thema etwas extensiver angehen und unter dem Überbegriff „Infrastruktur“ aufarbeiten müssen.

Es scheint ja durchaus ein gut gehütetes Geheimnis zu sein, dass man Straßen, Brücken, Schienen, Gebäude, usw. nicht nur irgendwann einmal bauen sondern auch regelmäßig sanieren, renovieren und im besten Falle modernisieren muss. Zumindest hat man diese Tatsache bisher vorzüglich vor den entsprechend verantwortlichen Dezernenten, Ministern und Entscheidungsträgern verborgen.

Die Tätigkeit des Sanierens, Renovierens und Modernisierens scheint aber generell nicht unbekannt zu sein, denn es verhält sich so, dass Eigentümer dies regelmäßig von Mietern verlangen, Mieter entsprechend von den Eigentümern und sogar Kommunen erwarten dies von Gewerbetreibenden und Privathaushalten. Private Infrastukturbetreiber scheinen diesbezüglich auch zu den Eingeweihten zu gehören und recht vernünftige Ergebnisse zu erzielen, wie man zum Beispiel bei diversen Flughäfen, Badeeinrichtungen und Artverwandtem in Augenschein nehmen kann. Selbst im Bildungssystem sind eklatante Unterschiede zwischen der Infrastruktur privater Träger und staatlicher Anstalten zu erkennen. Insassen der ersteren sitzen meistens noch in echten Gebäuden aus Beton und relativ hoher Sicherheit während man bei Insassen der Zweiteren einen zunehmenden Tendenz feststellt, diese in Wellblechkästen zu pferchen (dazu später aber mehr) oder von Gebäudeteilen erschlagen zu lassen.

Um es zusammenzufassen: Richtig glatt läuft es mit der Infrastruktur nicht und dies nicht nur wegen der zunehmenden Anzahl an Schlaglöchern. Die schiere Anzahl maroder Brücken, bröckelnder Straßen, baufälligen oder abriss-pflichtigen Gebäuden, grenzwertig gewarteten Schienentrassen und vielem mehr lässt eigentlich keinen anderen Schluss zu, dass man hier komplett die Kontrolle verloren hat. Oder einfach, dass die in den letzten 20 Jahren damit betrauten Personen dem puren Dilettantismus frönen und somit niemals die Kontrolle hatte. Auf Basis persönlicher Erfahrungen präferiere ich die letzte Annahme.

An Stellen, wo man von bröselnder und bröckelnder Infrastruktur schwadroniert, ist meist ein Abriss (haha, welch gewagter Wortwitz) über unsere Bildungseinrichtungen (auch Schulen genannt) meist nicht fern. So auch in diesem Pamphlet. Bemerkenswert hierbei ist die Vehemenz, mit der Mitbürger darauf bestehen, dass unser Schulsystem ja zu den besseren gehört. Dies führt in den meisten Fällen zu meiner-seitigen Verwunderung, der Erkenntnis, dass besagter Mitbürger vermutlich keine Kinder hat oder sich politisch verdingt (und somit der Begriff der Realität eh schon interpretatorisch fragwürdig ist) und zu der Frage: „…zu den besseren im Vergleich zu welchen?“

Ferner bleibt die Frage, welches Bildungssystem der besagte Bürger zu seiner Zeit in Anspruch genommen hat, denn aus eigener Erfahrung weiß ich zu berichten, dass Qualität schon vor über 30 Jahren aus den Erziehungsanstalten des Landes hinweg budgetiert wurde, wir auch damals schon extra Kohle für Kopien blechen mussten, die Stoffe für den Chemieunterricht meistens den Aggregatzustand „leer“ hatten und die Physiksammlung auf den Stand der späten 70er und frühen 80er Jahre hängengeblieben war. Auch die Auslagerung in „temporäre Pavillons“ war schon damals ein Dauerbrenner, der erst für beendet erklärt wurde, als die unter dem Pressspahnbunker wuchernde Grünfläche durch den Boden hindurch wurzelte. Aber – und dass kann ich mit etwas stolz verkünden – wurden bei uns die Schulgebäude geschlossen und evakuiert BEVOR den Schülern die Decke auf die Köpfe fiel. Da waren wir dem heutigen Zustand weit vorraus.

Der geneigte Leser wird sich denken: Ja ja, Oppa erzählt mal wieder vom Kriech!“. Eben diesem sei versichert, dass das Vorhanden sein eigenen Nachwuchses dazu führt, der allgemeinen Evolution dessen was wir so euphemistisch „Bildungssystem“ nennen aus nächster Nähe beizuwohnen, darunter zu leiden und als Elternbeirat Vollopfer dieses sogar mitzugestalten.

Um es in einfache Worte zu fassen: Lehrmittelfreiheit? Am Ar****! Eine nicht unbeträchtliche Menge an Material muss inzwischen von der Parentalfraktion querfinanziert werden. Die Physiksammlung: Immer noch aus den 70ern! Nur liegen diese jetzt nicht mehr 20 Jahre zurück sonder 50. Lehrkräftemangel: Genau wie Anno Dünnemals (nur auf höherem Niveau) somit auch eine angemessene Menge an Unterrichtsausfall. Und über das Thema Gebäude und Räumlichkeiten brauchen wir hier gar nicht erst zu reden. Wer Genaueres wissen will, beschäftigt sich mit der Frankfurter Bildungspolitik, wirf einen Blick auf den „Held am Montag“ (https://www.youtube.com/watch?v=eozk93mum6o) oder abstrahiert einfach die Erkenntnisse aus dem vorhergehenden Abschnitt zum Thema Infrastruktur.

Der Autor könnte sich an dieser Stelle auch noch über die Ergebnisse der Pisa-Studie echauffieren, nur würde das bedeuten, Kamele nach Athen zu tragen bis die Eule bricht und somit schließt er an dieser Stelle das Thema Bildung und erfreut sich der Tatsache, dass es vielleicht noch Lesender:innen gibt, welche wissen, was das Wort Echauffieren überhaupt bedeutet und wie man es schreibt…vielleicht!

Und nun? Eben solche Ergüsse könnte ich zu den Themenkomplexen Fachkräftemangel, Ukraine-Politik, Wärmepumpen-Gesetzte, Olli Scholz’ Aktentasche, E-Auto-Nichtabsatzmarkt, VW-Katastrophen, Deutschland-Ticket, Verkehrsminister Wissing und seinen eklatanten Mangel an Tempo 130 Schildern und natürlich über die Grand Dame des plakativen Aktivismus Nancy Faeser führen (wobei hier ein einzelner Rant wohl nicht mal ansatzweise Ausreichen würde). Wenn aber schon gestandene Kabarettisten und Satiriker ratlos und kopfschüttelnd vor diesem Scherbenhaufen aus geballter Dilettanz kapitulieren, was soll ein kleines vor sich hin wütendes Licht wie ich noch dazu beitragen.

Bis zu dieser Stelle gelangt, fragt man sich als Verfassender:innereien, ob der Rezipient noch folgen kann und möchte. Letztendlich hätte dieses absurde Jahr so viel mehr zu bieten, welches die Dysfunktionalität dieses Landes auf höchster Ebene demonstrieren würde und könnte. Da wir aber aus wissenschaftlichen Quellen wissen, dass die Fähigkeit zur konzentrierten Aufnahme von Inhalten zunehmend abnimmt (jaja, ich habe gerade 10 Minuten versucht herauszufinden, wie dieses grammatikalische Konstrukt genannt wird), außer vielleicht bei Alkohol, möchte ich mich an dieser Stelle der Königsklasse der Dysfunktionalität zuwenden: Der aktuellen Nicht-Mehr-Regierung.

Liest man durch die Kommentar-Sektionen diverser Onlinemedien (ein Vorgang, von dem der Autor dieser Zeilen im Sinne der eigenen geistigen Gesundheit dringend abraten muss), dann stellt man fest, dass ein gängiges Argument für den dauerhaften aktuellen Zustand des Landes in etwa wie folgt lautet: „Daran ist nicht die aktuelle Regierung schuld, sondern die Regierung der letzten 5/10/15/20 Jahre. Die können das alles gar nicht wegräumen“. Da bleibt einem nur zu sagen: Netter Versuch, aber am Ar*** die Waldfee. So billig kommt man aus dieser Nummer nicht raus.

Schauen wir doch mal genau hin. Alle Parteien der aktuellen Regierung waren irgendwann an den Regierungen der letzen 5/10/15/20 Jahre beteiligt und einige der großen Köpfe, welche sich jetzt an nichts mehr erinnern können sogar in weitreichenden und tragenden Funktionen.Nicht wenige Entscheidungen der letzten 20 Jahre sind auf den Misthaufen derer gewachsen, die sie jetzt nicht wegräumen wollen und können, egal ob als Ex-Finanzminister und Vizebundeskanzler, Schräubchedreher im Gesundheitsministerium, etc. pp.

Weiterhin wurde die aktuelle Regierung gewählt um unter anderem die Fehler, welche man der Regierung der letzten Jahre und Jahrzehnte anlastet anzugehen, zu begradigen und zu beseitigen. Das Argument, dass die aktuelle Besetzung der Regierungsbank nicht an diesen Verfehlungen schuld sei und nicht dafür die Verantwortung trage, läuft also ins Leere, denn es wäre unter anderem, neben vielen anderen anstehenden Aufgaben, auch ihr Auftrag gewesen, all das gerade zu rücken, was in der Vergangenheit – nach Ansicht der Wähler – verbockt wurde oder zumindest mal genau damit zu beginnen. Wir brauchen uns nicht darüber zu streiten, denn die Situation in der wir uns hier in diesem Land befinden, ist nicht erst in den letzten 36 Monaten entstanden. Allerdings muss sich die nicht mehr ganz so aktuelle Regierung den Vorwurf gefallen lassen, dass sie wie ein Zahnarzt agiert hat, der die Zähne seines Patienten gebleicht und mit Veneers versehen hat, während er übersehen hat, dass die komplette Substanz darunter schwer kariös ist und der schöne Schein in kurzer Zeit einfach in sich zusammenstürzen wird. Man hat sich auf Ideologie- und „Herzens“-Projekte fokusiert, 36 Monate rum gestümpert, ist vor- und zurück gerudert, ist im Kreis rennend seinem eigenen Schwanz hinterhergejagt und am Ende hat man sich nicht wirklich von der Stelle bewegt. Und das Management hat auf les affaire gemacht und an den entscheidenden Stellen durch Abwesenheit geglänzt nur um das Scheitern im Nachgang selbstgefällig zu kommentieren.

Das, was wir da die letzten Jahre bewundern durften, hätte in keinem Unternehmen egal welcher Größe, länger als ein paar Monate angedauert, bevor dieses entweder wirtschaftlich das Zeitliche gesegnet oder der Aufsichtsrat diesem ein krachendes Ende bereitet hätte. Beides hat hier nicht statt gefunden, weil ersteres nicht möglich ist und zweiteres sehr lange verzögert wurde. Man würde in der Wirtschaft und im Finanzwesen wohl von Insolvenzverschleppung sprechen. In dieser Zeit sind uns mehrere Landtagswahlen um die Ohren geflogen mit dem Ergebnis, dass man irgendwelche absurden Koalitionen zusammen schustert, die weder konsens- noch regierungsfähig sind, nur um die ewig über dem Parlament kreisende Bedrohung AfD in Schach halten zu können. Mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun, denn wenn ein System so sehr um sich kreist, dass es dysfunktionale Organe hervor bringt, die nicht in der Lage sind zu managen, dann sind wir bereits ganz, ganz, ganz weit unten und der Aufschlag ist nicht mehr nur noch eine Frage der Zeit sondern vor allem der Härte.

Was ist jetzt die Erkenntnis dieses Jahres-End-Rant? Ist wirklich alles so schlimm in diesem Lande und ist es nicht Gejammer auf hohem Niveau?

Nö, ist es nicht. Wer mich länger kennt weiß, dass ich dieses, unseres Land, unsere Gesellschaft, unser System, sehr lange gegen jede Form von Kritik verteidigt habe, einfach nur, weil ich sehr lange der Überzeugung war, dass wir in einem der besten aller schlechten Systeme leben. Natürlich gab es Luft nach oben und diese war und ist auch nötig und notwendig. In irgend eine Richtung muss man sich ja orientieren können und diese Bestreben solle sich immer „nach oben“ richten.

Aber genau das passiert nicht mehr! Wir verwalten nicht mal mehr den Status Quo, unser einziges Argument ist, dass es „wo anders“ ja noch schlechter ist. Im Endeffekt wird also nur noch der Fall gebremst und wir benehmen uns, als ob wir noch mitten im Wirtschaftswunder, mitten in den goldenen Jahren stecken würden. Unser Selbstverständnis, dass unserer Gesellschaft und unserer Politik basiert auf einem nicht mehr akkuraten Bild der 70er, 80er und vielleicht noch der guten frühen 90er Jahre.

Ich habe Krankenhäuser gesehen, in denen die Stationen in einem Zustand waren, dass man in Zweite-Welt-Staaten vermutlich die Betriebserlaubnis entzogen hätte. Ich stelle mir jetzt schon die Frage, ob mein Junior in ein paar Jahren auf eine Privat-Schule geschickt wird, weil ich im aktuellen Bildungssystem inhaltlich und infrastrukturell keine Zukunft mehr sehe. Das Wissen, dass alleine in Hessen 50(!) Autobahnbrücken nicht nur sanierungsbedürftig sonder als kritisch klassifiziert werden lässt mich nicht nur am Zustand unserer Verkehrsinfrastruktur zweifeln. All dass vor einer politischen (Un)kultur, in der plakativ an den „großen Problemen der Zukunft“ herungestümpert wird, während der eigentlich Unterbau unsere Gesellschaft und unseres Landes verfällt.

Und das alles vor einer politischen Kulisse, die sich nicht wirklich Innovation und allgemeine Verbesserung für Jedermann auf ihre kommunikative Flagge geschrieben hat, sonder an jeden Einzelnen mit der Forderung nach mehr Verzicht, mehr Leistungswille, mehr „Gürtel enger Schnallen“ herantritt. Klimawandel, Kriege und sonstige Krisen hin oder her, diese Ansätze und Forderungen sind keine visionären Konzepte für eine positive und gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft. Das sind quasi-religiöse Schuld- und Sühne Konzepte aus grauer Vorzeit.

Die Tatsache, dass wir in einem Land leben, in dem eine rechtsextreme Partei bei ca. 20% rum dümpelt ist demokratisch legitim aber moralisch Fragwürdig. Die Tatsache, dass diese Partei dafür NICHTS tun musste ist eine Bankrotterklärung aller Parteien, die in dieser Zeit Regierungsarbeit „geleistet“ haben. Sicher, man mag argumentieren, dass dies ein europäischer Trend wäre, aber man möge auch nach Dänemark schauen, wo sozialdemokratische Parteien die aufkeimenden Rechtsextremen in die Bedeutungslosigkeit zurück gedrängt und versenkt habe. Nur dazu bedarf es mehr als ständigen plakativem Aktivismus und ideologisch getriebener bei der Bevölkerung durchfallender Lösungsansätze.

Aber so ist das wohl, wenn eine Gruppe von sich selbst zu sehr eingenommener Egomanen ohne großartigen Bezug zur Realität und nennenswerte Fähigkeiten versucht ein schweres Passagierschiff durch stürmische Gewässer zu navigieren. Dann muss man den Gästen das Chaos nur besser erklären. Und selbst wenn man die Erkenntnis gewonnen hat, sich hoffnungslos verfahren zu haben, so würde doch niemand auf die Idee kommen, dies zuzugeben oder nach dem Weg zu fragen.

Geschichtlich betrachtet ist das alles nicht weiter tragisch: Reiche entstehen und Imperien fallen, ein ewiger Kreislauf. Ein guter Indikator für den präterminalen Zustand einer Gesellschaftsordnung, eines Reiches, ist ein zunehmendes Maß an Dekadenz und wenn ich mich so umschaue und darüber nachdenke, dann sind die Zeichen eindeutig. Dann…und zwar genau dann, wird es Zeit über eine Exit-Strategie nachzudenken. Die Frage ist nun nicht mal mehr ob, sondern wann.

Von daher gibt es diesmal keine „Lasst es uns besser machen“-Weisheit am Ende des Rants 2024.

Ich habe heute leider kein Foto für Euch!

Wir sehen uns in 2025. Das „Wo“ wird noch zu klären sein.

Bis denne und auf eine neue Runde