Die Laufsicht: Breisgau Triathlon 2016 – eine ganze halbe Sache

Ob es so etwas wie “einfache” Halbdistanzen gibt weiß ich nicht und kann es mit meinem aktuellen Erfahrungsschatz auf dieser Strecke auch nicht beurteilen. Eines steht aber fest: Für meine Premiere auf dieser Distanz habe ich mir, versehentlich, wohl eines der härtesten Rennen in dieser Kategorie – so der allgemeine Tenor in vielen Foren –  in unsern Breiten ausgesucht…und es war jeden Meter dieser Strecke wert!

Eigentlich sah der Plan für meine Mitteldistanz-Premiere ein wenig anders aus: Nachdem bereits die Entscheidung gefallen war, die (Half) Challenge Almere-Amsterdam zu meinem Hauptwettkampf des Jahres zu machen, wollte ich vorher noch einen regionalen Testlauf über diese Distanz in meinen Kalender aufnehmen. Da außerhalb von Challenge und Ironman Halbdistanzen leider ein wenig rar gesät sind, blieb die Ausahl zwischen dem Moret-Triathlon und dem Weilburgman, auf welchen auch meine endgültige Wahl fiel. Pünktlich zum Jahreswechsel war die Anmeldung raus, die Startgebühr überwiesen und der Termin im familiären Kalender geblockt. Also alles im Lot – so könnte man denken.
Leider nicht so ganz, denn Mitte April kam über Nacht die Meldung, dass der Weilburgman aufgrund von zu hohen Anforderungen an die Radstrecke seitens der Behörden und dem damit verbundenen organisatorischen und finanziellen Mehraufwand nicht mehr durchführbar sei und für dieses Jahr und auf unbestimmte Zeit nicht mehr stattfinden werde.
So etwas kann passieren und fällt einfach in die Kategorie “Dumm gelaufen” – dem gemeinen Triathleten ist aber auch klar, dass eine Umplanung “so spät” in der Saison auf einen Ersatzwettkampf nicht ganz so einfach ist, wie es am Anfang erscheinen mag. Bei verschobenem Termin stimmen die Trainingspläne plötzlich nicht mehr, die ein oder andere Veranstaltung ist schon ausgebucht, etc. pp. Halt all die Unwegsamkeiten, die sich einem so in den Weg schmeißen können.
Ein freundlicher Kommentar auf die Absageankündigung bei Facebook sollte die Lösung bringen – mir wurde der Breisgau-Triathlon, welcher sogar am selben Wochenende wie ursprünglich der Weilburgman statt finden sollte, als sehr lohnenswerte Alternative nahe gelegt. Ein paar kurze Nachforschungen in diversen Foren und auf einschlägigen Seiten ergaben, dass dieses Event trotz der harten Strecken absolut empfehlenswert sei und gerade durch seine familiäre Atmosphäre besteche. Ursprünglich war der Plan, nichts Überregionales für den Testlauf herauszusuchen, um zumindest den logistischen Aufwand in Grenzen zu halten, aber auch hier entstand aus ein paar Minuten Nachforschung eine im Nachhinein gesehen grandiose Lösung: Ohne diese jetzt näher auszuführen, sollten ein paar Schlagworte genügen – Breisgau, Ferienwohnung, Europapark, Strasbourg, Schwarzwald. Ein voll gepacktes Wochenende für die ganze Familie. Und auch wenn am Anfang der ein oder andere Zweifel seitens der Dame des Hauses gehegt wurde, war es am Ende für Alle ein rundum gelungener Kurzurlaub.

Aber zurück zum Thema: Nachdem die Anmeldung raus und die Ferienwohnung gebucht war, begann ich, mich als vorbereitende Maßnahme, genauer über dieses Rennen zu informieren. Dass der Breisgau nicht zu den flachsten Regionen in unserem schönen Land gehört, ist vermutlich jedem mit halbwegs vernünftigen Geographiekenntnissen klar – man hat dort den ein oder anderen Hügel (manche werden euphemistisch auch als Weinberge bezeichnet) aufgeschüttet und der Breisgauer als dortiger Ureinwohner kann mit diesen natürlich vortrefflich umgehen und baut sie somit auch mit Freude in eine 80 Kilometer lange Radstrecke und den darauf folgenden Halbmarathon ein. In Forenbeiträgen wird dann gerne auch mal von einem “anspruchsvollem Radkurs” und einer “herausfordernden Laufstrecke” gesprochen – in der Realität entpuppt sich dies allerdings dann ab und an schon mal als anspruchsvoller und herausfordernder als erwartet. Trotz allem sah das Höhenprofil auf diversen GPS-Trackingseiten zwar nicht besonders nett, aber machbar aus – wenn es in der Vorbereitung auch ein wenig Magengrummeln hinterließ.

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Abarbeiten der mentalen Checkliste: Ist alles dort, wo es hin muss?

Nach dieser Vorgeschichte und einem grandiosen Wochenenden mit der Holden und dem Junior (im Europapark, Strasbourg, etc, siehe oben) stand ich also pünktlich am 21. August mit knapp 200 anderen Athleten an der Startlinie am Müllersee in Riegel um die 2 Kilometer Schwimmen, 80 Kilometer Radfahren und 21 Kilometer Laufen in Angriff zu nehmen. Sogar (dass erste mal während eines Wettkampfes) mit Neopren, weil der Herr von der DTU mit dem inzwischen berüchtigten DTU-Meter eine Wassertemperatur von unter 22,9°C herbei gemessen hatte. An der Startlinie wurde dann doch noch diskutiert, wo gemessen wurde (falscher See, in 5 Meter Wassertiefe, etc.), denn die Temperatur des Gewässer entsprach eher der eines Warmbadetages in einem Hallenbad. Sei es wie es sei, die Pelle wurde übergestreift (vielleicht war es ja draußen im See ein wenig kälter) und pünktlich um 9:00 ertönte zu den fast schon traditionellen Hells Bells von ACDC der Startschuss.

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Geometriekenntnisse benötigt – erst wird ein Dreieck geschwommen, dann ein Quadrat…

Ein Dreieck und ein Quadrat mussten wir schwimmen um die volle Distanz zu erreichen – so die Vorgabe des Streckensprechers – und so nahm ich mit den 200 geometrisch ebenfalls bewanderten Kollegen den direkten diagonalen Weg zur ersten Wendeboje am anderen Ende des Sees. Das Startareal zog sich doch recht stark in die Breite. Die berüchtigte Keilerei in der viel zitierten Waschmaschine fiel somit größtenteils aus und die ersten 400 Meter ließen sich angenehm und fast ungehindert schwimmen. Da ich dazu tendiere auf der Schwimmstrecke immer alles raus zu hauen was die Arme hergeben, musste ich mich wie auch später immer wieder selbst daran erinnern, dass ich nicht auf einer Kurzdistanz unterwegs war und mich regelmäßig einbremsen um nicht alles Pulver direkt zu verschießen. Also erstmal keine Tempo-Scharmützel, kein All-Out, sondern gleichmäßig durchs Wasser pflügen. Zu meiner eigenen Überraschung stieg ich aber trotzdem bereits nach etwas über 32 Minuten aus dem See (meine eigene Vorgabe lag bei etwa 34 Minuten) und kam trotz Allem doch noch recht entspannt in der ersten Wechselzone an. Da ich das Ausziehen des Neos nicht vorher explizit geübt hatte, sah ich mich schon einen der gefürchteten Wechselzonen-Pellentänze aufführen, allerdings verlief das Entblättern erstaunlich unkompliziert und nach etwa 4 Minuten saß ich auf meinem Bike. Die Radschuhe hatte ich in den Wechselbeutel gepackt, was sich aufgrund des matschig-steinigen Bodens im Bikepark als sehr vernünftig erwies (jaja, nicht immer ist die “coole” Variante mit eingeklinkten Schuhen am Bike auch die Beste).

Es folgte die acht Kilometer lange Anfahrt zum Rundkurs und das alt bekannte Phänomen: Wenn Du gut schwimmen kannst, dann können die ersten Kilometer der Radstrecke psychisch hart werden, denn dort kommt die Welle an Radmonstern von hinten angerollt, die zwar alle schlechter schwimmen, aber verdammt schnell fahren können. Bereits hier dämmerte mir, dass die Anzahl der “Nur-Ankommer”, welche man ja bei olympischen Distanzen und Großevents in genügender Zahl finden kann, bei diesem Triathlon doch wohl eher geringer ausfallen dürfte. Das Tempo war von Anfang an hoch, aber ich widerstand der Versuchung mitzufahren. Zum Einen, weil ich noch ohne Erfahrung auf dieser Distanz war und mich an meine eigene Energieverwaltung erstmal herantasten wollte, zum Anderen, weil ich zwar das theoretische Höhenprofil der Strecke kannte, aber keine Chance hatte, sie mir vorher anzusehen. Alles was ich wusste war, dass jede Runde etwa 340 Höhenmeter hatte, die sich aber “nur” auf etwa 7 Kilometer der Runde verteilten. Von daher hieß es vorsichtig sein und sich nicht schon am Anfang zerstören.

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Schwarzwaldrunfahrt – sieht harmlos aus, hat es aber in sich…

Kurz nach der Ortsdurchfahrt Malterdingen begann dann der erste Anstieg, was sich optisch schon durch Grüppchenbildung im Feld vor mir ankündigte. An der Stelle konnte ich mich zwar an den ein oder anderen Kollegen wieder heranarbeiten, blieb aber trotzdem vorsichtig, da ich in der ersten Runde noch keine Ahnung hatte, wie lange der Anstieg über die ersten 200 Höhenmeter sich noch hinziehen würde. Insgesamt sind es mehr oder weniger drei Stufen mit kurzen Flachstücken dazwischen – so gesehen eigentlich machbar, aber es wird von Runde zu Runde schwerer und beim dritten und letzten Mal war ich froh, einfach nur noch drüber rollen zu können. Nach dem Anstieg ging es in eine rasante Abfahrt, in der mich nicht nur viele Mitstarter sondern auch die Erkenntnis überrollte, dass ich wohl bei solchem Gefälle lernen muss wesentlich gnadenloser abzufahren – aber nicht so gnadenlos wie der Herr, den es am Ende des Gefälles im Graben zerlegt hat und von der Truppe vom Verein Weiß-Rot abtransportiert werden musste (gute Besserung an der Stelle).
Die Radstrecke windet sich danach durch ein paar Ortschaften und führt dann in die Weinberge – der Anstieg hier ist überschaubar (ca. 60 HM auf etwa 1,5 Kilometer mit ein paar kleineren Rampen), dafür ist die Abfahrt teilweise sehr hakelig (enge 90° und S-Kurven), ganz besonders, wenn es wie in der zweiten Runde anfängt, aus Kübeln zu schütten, der Weg samt Matsch rutschig wird und die Bremsen nur noch bedingt greifen. Die Strecke ist zwar gut ausgeschildert und die Gefahrenstellen mit Strohballen und Streckenposten ausgestattet, aber hier sollte wirklich die Vernunft siegen und das Interesse in einem Stück samt Fahrrad wieder unten anzukommen.

An dieser Stelle ist wohl auch mal ein Einwurf zum Thema Streckenposten und Zuschauer sowohl auf der Rad- als auch der Laufstrecke angebracht: Sicher findet man keine Zuschauermassen und Nester, wie wir sie von den großen Events kennen. Aber jedes Dorf, jedes Städchen dort in der Umgebung beteiligt sich an diesem Triathlon, an vielen Stellen ist die Freiwillige Feuerwehr als Streckenposten im Einsatz, sehr viele Anwohner platzieren sich im Liegestuhl vor ihren Häusern, bauen eigene kleine Stimmungsnester und feuern jeden Einzelnen frenetisch an. Man hat das Gefühl als Athlet, dass die ganze Region hinter diesem Event steht und ich bin immer noch fasziniert, dass das Verhältnis von Athleten und Helfern bei “nur” 500 Startern auf Mittel- und Jedermanndistanz bei ziemlich genau 1:1 liegt. Ein ganz großes Dankeschön und “Daumen Hoch” hierfür!

Zurück zum eigentlichen Rennen. Nach drei auch zeitlich eher durchwachsenen Runden, rollte ich mit einer Radzeit von 2:53 in die zweite Wechselzone in Malterdingen – etwa 20 Minuten langsamer, als ich mir zum Ziel gesetzt hatte. Ich wollte einen Schnitt um die 31 km/h fahren, am Ende wurden es aber nur ca. 28 km/h. Der Wechsel gestaltete sich als Luxus: Das Rad wird einem direkt abgenommen, der Beutel wird einem angereicht und man bekommt sogar einen persönlichen Wechselassistenten, der einem beim Verstauen der Radsachen hilft. Das kannte ich in dieser Form bisher nicht oder wenn, dann nur für die Profis.

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Sieht von oben eigentlich gar nicht so gemein aus – die Laufstrecke

Nach weiteren 2,5 Minuten ging es mit dem Gefühl “Keine Ahnung wie da jetzt noch 21 Kilometer gehen sollen” auf die berüchtigte Laufstrecke. Nachdem ich auf den ersten 3 Kilomteren “Einlaufrunde” doch wieder einige der auf dem Rad weggefahrenen einsammeln konnte, kamen plötzlich auch die Beine wieder zurück – gerade noch rechtzeitig vor dem ersten Einstieg in die Weinberge…nennen wir diesen hier einfach mal freundlich DIE WAND. Ich wusste ja vorher schon, dass es dort aufwärts geht (ca. 100 HM), nur war mir nicht klar, wie weit und wie steil. Und auch wenn ich den Brunnenfestlauf (siehe Bericht) mit seiner Steigung für hart gehalten hatte, dann war das hier noch einmal ein ganz anderes Kaliber – gerade dann, wenn man erst kurz vorher die 80 Kilometer auf dem Rad beendet hat. Aber es ist wie es ist, und wenn man bis ins Ziel kommen will, dann muss man da durch. Der gleichmäßige kleine Laufschritt kann hier Wunder wirken, und so ging es kontinuierlich den Berg hoch. Auch hier hält die Strecke noch einmal eine kleine Überraschung bereit: Wenn man glaubt, man sei ganz oben angekommen, folgt plötzlich noch einmal ein kurzer steiler Anstieg. Danach bleibt es dann zwar wellig, aber mit stetiger bergab Tendenz. Man kann es also laufen lassen und lediglich der Gedanke, dass man da noch ein zweites mal durch bzw. hoch muss, verdirbt einem an der Stelle ein wenig den Spaß.
Die erste Runde war dann auch in knapp unter 52 Minuten gelaufen und somit fast schon schneller als die 10,5 Kilometer auf meiner letzten Kurzdistanz, die genau 0 (in Worten null) Höhenmeter hatte. Manchmal verstehe ich meine Beine nicht (dass beruht vermutlich auf Gegenseitigkeit)…und bis Kilometer 14 ging es locker weiter. Dann stand ich das zweite mal vor DER WAND und vor einer Entscheidung: Meine Beine wussten es, ich wusste es – entweder nochmal hoch laufen und dann in den Weinbergen untergehen oder aber einen Gang zurückschalten, mit gestrecktem Gang den Berg hochmarschieren und nach dem Anstieg nochmal richtig durchziehen. Zweiteres war das Mittel der Wahl und die absolut richtige Entscheidung. Trotz der Wandereinlage kam der Kollege hinter mir nicht wirklich näher und der vor mir konnte auch nicht weg laufen. Dafür konnte ich nach erfolgreichem Aufstieg ohne Probleme wieder mein normales Lauftempo aufnehmen und auf den letzten 5 Kilometern noch ein paar weitere Athleten einsammeln. Im Endeffekt habe ich dadurch am Ende vielleicht 3-4 Minuten verloren, also eine sehr überschaubare Zeit. Die letzten 2 Kilometer, welche kontinuierlich bergab führen, waren dann von ein paar Beinahe-Krampfanfällen in der linken Wade begleitet, die ich aber kurz vorher gerade abfangen konnte.
Am Ende durfte ich mir sogar noch einen Zielsprint mit einem Athleten hinter mir gönnen – der aber eigentlich nur aus Frust zustande kam, weil mir auf dem roten Teppich aufgrund einer Windböe ein Absperrpoller samt Band in den Weg geweht wurde, beim Ausweichen die Wade endgültig zumachte und ich kurz stehen bleiben musste. Den Platz, wenn auch nur hinteres Mittelfeld wollte ich trotzdem nicht mehr hergeben. 😉
Summa Summarum stand am Ende eine Laufzeit von 1:49h zu Buche (meine eigene Vorgabe war um die 1:45, also absolut im Soll) und eine Gesamtzeit von 5:21h sowie die Erfahrung, meine erste Mitteldistanz bei einem absolut genialen und herausfordernden Wettkampf bestritten zu haben. Großartige Organisation, super Strecke, tolle Helfer und eine so dahinter stehende Region, da  kann sich so manches Großevent die ein oder andere Scheibe abschneiden.

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Nach insgesamt 103 Kilometern: Am Ende doch noch ein Zielsprint mit Fotofinish… 😉

Bei der Frage, ob das Event für Einsteiger auf dieser Distanz geeignet ist, kann ich lediglich mit einem ganz entschiedenen “Kommt drauf an” antworten. Wenn es nur darum geht, mal eine Mitteldistanz gemacht zu haben und irgendwie durchzukommen, dann dürfte beziehungsweise könnte dass für viele Neulinge sehr frustrierend werden. Ich persönlich fand das sportliche Niveau dort durch die Bank weg sehr hoch, bis auf eine handvoll Athleten blieben alle Zielzeiten unter 6 Stunden und damit wird es in diesen Bereichen natürlich sehr schnell sehr einsam.
Wer aber mal wissen möchte, wo er in seinem Sport mit seinen Leistungen steht, auch vor schwierigen Aufgaben keine Angst hat und auch ein wenig ambitionierter ist, der ist dort genau richtig aufgehoben.

Mir hat es trotz aller Strapazen unendlich viel Spaß gemacht, es hat mir gezeigt, wo ich richtig trainiert und gearbeitet habe aber vor allem auch, wo meine Schwachstellen liegen – diese werden dort gnadenlos aufgedeckt – und wo ich mich verbessern kann/muss.
Mit Sicherheit war ich nicht das letzte mal dort und mein Ziel (wenn auch dieses Jahr ziemlich verfehlt) bleibt, dort die 5 Stunden-Marke zu knacken.

Wir sehen uns im Ländle…

Die Laufsicht: Brunnenfestlauf Oberursel oder “flach kann ja jeder”

Genug mit mir selbst gehadert: Nach einem Tag hin- und her mit meinem Ego, die gesetzte Zielzeit nicht erreicht zu haben und, nach ein wenig Reflexion (danke Alex), der Erkenntnis, dass die Erwartungen zu diesem Zeitpunkt und unter diesen Umständen eigentlich so gar nicht realistisch waren, ist es jetzt an der Zeit, ein paar Worte über ein an sich hochinteressantes Laufevent zu verlieren.

Bei einem Blick auf die Strecke und das Höhenprofil war eigentlich von Anfang an klar: Einen Angriff auf die eigene Bestzeit über 21,095 km konnte es bei diesem Lauf nicht geben. Dagegen sprachen neben diversen Bodenbeschaffenheiten (von Kopfsteinpflaster bis Waldpfad) auch und vor Allem die im Streckenplan vermerkten insgesamt 337 Höhenmeter, von denen sich die Meisten bei Kilometer 3 und Kilometer 13 in Form eines “markanten Anstieges”, wie es die Ausschreibung euphemistisch formulierte, im Wald versteckt hatten. Aber, ohne Zielzeit kein Wettkampf und so sollte es im Endergebnis eine Zeit knapp unterhalb der 1:40h werden…dachte ich.

Allerdings, wie ein viel bemühtes Zitat zu sagen weiß: “Kein Plan übersteht den ersten Kontakt mit dem Feind”. Und dieser Satz sollte auch dieses mal wieder seinen Wahrheitsgehalt unter Beweis stellen.

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Bei schönem Wetter und knapp 25° fiel der Startschuß zum diesjährigen Brunnenfestlauf für die 10 Kilometer- und Halbmarathon-Läufer pünktlich um 10:00 Uhr auf dem Marktplatz in Oberursel. Nach einer kleinen Runde mit Gefälle führte die Strecke in den Maasgrund, wo sich ab Kilometer 2 erahnen ließ, dass die Strecke nicht wirklich flach verlaufen würde. Der ominöse “markante Anstieg” sollte kurz darauf folgen und kündigte sich in Form der ersten gehenden Läufer bereits am Waldrand an. 800m sind von der Strecke her an sich überschaubar, mit knapp 100 Höhenmetern gewürzt werden sie allerdings schwer verdaulich. Dies gilt ins Besondere dann, wenn man keine Ahnung hat, wie man so etwas in den eigenen Wettkampf integrieren soll. Natürlich, ich laufe auch im Training gerne Anstiege hoch, da stört es aber nicht, wenn man hinterher gemütlich weiter trabt. Was aber, wenn man so etwas noch nie unter Wettkampfbedingungen und Pace ausprobiert hat und einem auch noch die Erkenntnis ins Hirn kriecht, dass man da ja bei Kilometer 13 noch mal hoch muss. Also “Fire and Forget” (möglichst schnell hoch) oder doch lieber “spazieren gehen”. Ich entschied mich für eine Variante, die im Training eigentlich immer ganz gut funktioniert, gleichmäßig mit vernünftigem Speed den Hang hoch – im Nachgang betrachtet vermutlich die falsche Entscheidung, ebenso wie der Gedanke, dass es ja auf der zweiten Hälfte der Runde bergab gehen würde und man dort wieder ein wenig Kraft tanken könnte. Das dies zwar für vieles, jedoch nicht für die Beinmuskulatur gilt, sollte ich später noch erfahren.
Freundlicherweise befand sich kurz hinter dem Anstieg die erste Verpflegungsstation. Auch wenn man erwartet, dass nach diesem Anstieg dass Schlimmste für die erste Runde überstanden ist, wird es bis zum höchsten Punkt an der Klinik Hohemark noch nicht wirklich netter. Bis dorthin darf man sich über einen leichten stetigen Anstieg mit der ein oder anderen kleinen Welle freuen, bevor es zweieinhalb Kilometer abwärts über Waldwege Richtung Königsteiner Strasse geht. Hier trennen sich die Wege der 10km- und der Halbmarathon-Strecke das erste Mal. Während die 10km Läufer direkt auf die Straße Richtung Oberursel einbiegen dürfen, vollführt die Halbmarathonstrecke einen kleinen Bogen über einen schmalen Waldpfad, bevor sie auf die Königsteiner Straße mündet. An dieser Stelle wird es dann etwas zäh: Nach dem ganzen Auf und Ab geht es wieder über flachen Asphalt, der nach einem weitern kurzen Anstieg fast schon zu einem recht steilen Zielschuß wird – in der ersten Runde allerdings nur für die 10km Läufer. Der Rest biegt wieder in den Maasgrund ab und darf sich geistig und moralisch schon mal auf den unvermeidlichen zweiten Anstieg “freuen”.
Nach kurzer Diskussion zwischen meinen Beinen und mir entschieden wir im Konsens, das Hochspazieren unter allen Umständen zu vermeiden und dieses, dem Namen der Sportart entsprechend, laufend zu überstehen. Motiviert davon, dass ich bereits zu Beginn des Anstieges noch ein paar Mitläufer einsammeln konnte, versuchte ich mit möglichst konstantem Schritt mein Glück ein zweites Mal – was auch gelang, vermutlich aber doch um einiges langsamer als in der ersten Runde (wie eh und je laufe ich Wettkämpfe ohne Uhr, kann also nicht vergleichen) und mit kostspieligem Energiebedarf. Es folgte erneut die Wasserstation und der weitere Aufstieg bis zur Klinik bei Kilometer 15. Meine Beine führten an dieser Stelle kurzzeitig eine Urabstimmung zu einem Generalstreik durch, der aber durch geschicktes Verhandeln der Tarifparteien abgewendet werden konnte, insbesondere da der schwierigste Teil der Strecke endgültig überwunden war. Auf dem Weg abwärts kam mir dann der Gedanke, dass solch profilierte Kurse eventuell von der Renneinteilung doch anders funktionieren, als ein ebener Straßenlauf. Konnte ich in den Anstiegen trotz motzender Beine noch mit dem Läufer vor mir Kontakt halten, war der Abstand bergab plötzlich auf zwei-, dreihundert Meter angewachsen. Anmerkung am Rande: eine Orientierung an Mitläufern auf der zweiten Runde ist deshalb schwierig, da sich nach der ersten Runde die 10 Kilometer-Truppe bereits verabschiedet hat und sich die ca. 200 Halbmarathon Teilnehmer auf den gesamten 11 Kilometern des Rundkurses verteilen.
Mit Einbiegen auf die Königsteiner Strasse auf den letzten Kilometern reifte in mir die Erkenntnis, dass auch das Rennen in der Ebene nach so einem Auf- und Ab kein Selbstläufer (höhö) mehr ist, einem die letzten gar nicht so schwer geglaubten Kilometer noch einmal kräftig ins Gehwerk fahren und auch der letzte nur noch bergab führende Kilometer nur noch sehr eingeschränkt Spaß macht.
Nach einem kurzen Anstieg ging es nochmal über Kopfsteinpflaster Richtung Ziel und Uhr, die eine besch… öhhh… gar nicht so schöne 1:43 h zeigte. Strecke gemeistert, Zielzeit um 3 Minuten verfehlt. Ärgerlich…

Nachdem ich aber nun genug an mir gezweifelt habe, ist es vernünftig einfach mal die wirklichen Tatsachen zu betrachten: Meine bisherige Bestzeit von 1:35 bin ich unter fast optimalen Bedingungen beim Frankfurt Halbmarathon gelaufen und die Trainingsbelastung vor diesem war wesentlich geringer. Hinzu kommt, dass ich vermutlich auf Grund meiner Unerfahrenheit mit “profilierten” Strecken  in der Renneinteilung ein paar Fehler gemacht habe, am Hang zu hart gelaufen bin und die Muskelermüdung bergab unterschätzt habe. Im Training stört es halt nicht, wenn man nach ein paar Bergan-Läufen mit einem langsamen Schnitt die letzten Kilometer nach Hause trabt, im Wettkampf ist das dann doch eher ein wenig kontraproduktiv.

Letztendlich ist es vermutlich Jammern auf sehr hohem Niveau, sich über eine solche Zeit bei einer solchen Strecke zu ärgern. Ja, ich hätte gerne meine Zielzeit geknackt! Ja, ich wäre gerne besser gewesen. Trotz Allem war es gut und vielleicht eine ähnliche Leistung wie beim Frankfurt Halbmarathon, wer weiß. Ein weiterer positiver Effekt: Ich habe jetzt zumindest eine Ahnung, was mich im August im Breisgau erwartet.

Den Brunnenfestlauf in Oberursel kann ich jedem ambitionierten Läufer nur empfehlen. Die Strecke ist landschaftlich erste Klasse, die Organisation absolut super und die Teilnehmerzahl absolut angemessen und angenehm. Beim Schwierigkeitsgrad bediene ich mich mal mangels Erfahrung mit solchen Läufen für die Bewertungen bei diversen Lauf-Blogs und Webseiten: Die Bandbreite der Einschätzung reicht hier von anspruchsvoll- bis sehr anspruchsvoll. An dieser Stelle kann ich mich nur anschließen: Einfach ist was anderes! Der nächste Level sind vermutlich dann vollwertige Bergläufe.

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Eine weitere entscheidende Erkenntnis möchte ich dem Leser aber nicht vorenthalten: Auch die Dame des Hauses hat sich an diesem Lauf beteiligt und über 5 Kilometer ihren ersten gezeiteten Wettkampf bestritten – und dies um einiges schneller als sie es von sich selbst erwartet hat (kleine Info am Rande: sogar schneller als mein erster 5er, aber psst, nicht weiter sagen). Ich hatte sie zwar im Vorfeld dahingehend informiert, dass dies genau so geschehen würde, aber da ich da ja nur bedingt Ahnung vom Laufen haben, muss man mir ja nicht glauben. 😉
Vielleicht ist ja auch da der Funke übergesprungen.

 

Infos zum Brunnenfestlauf:
brunnenfestlauf.de

Die Laufsicht: Statistisches zum Jahreswechsel

Und schon wieder ist es rum – in ein paar Stunden ist 2015 Geschichte. Zeit für eine Retrospektive. Neben einer wortreichen und ausschweifenden, welche mit Sicherheit noch folgen und definitiv abseits des Sportlichen ihren Fokus haben wird, für die mir aber aktuell noch die Muße fehlt, um meine Gedanke in die Tastatur zu hacken, gibt es (wer hätte das gedacht) an dieser Stelle auch noch eben eine sportzentrisch-statistische (Anmerkung: Ihr braucht das Wort nicht zu googlen, das existiert noch nicht).

Da ich dieses Jahr bereits doch so manchen Buchstaben einer meiner Lieblingsfreitzeitbeschäftigungen gewidmet habe und sich die Zahlen vernachlässigt vorkamen, soll diesen an dieser Stelle Rechnung (höhö) getragen werden. Anstelle eines langen Textes habe ich mir einfach mal die Statistik meines Trainingstagebuches angesehen und ein wenig mit den Zahlen herum jongliert (wer Rechenfehler findet, darf sie wie immer behalten).

Insgesamt bin ich
über 1800 km gelaufen,
habe
gute 200 km im Wasser zurückgelegt
und
über 2200 km meinen Hintern auf einem Radsattel gequält (was nüchtern betrachtet deutlich zu wenig ist).

Insgesamt ergibt das eine Distanz von mehr als 4200 km. Übertragen auf kontinentale Distanzen wäre ich damit bis vor die Küste Neufundlands gelangt (oder mitten in Saudi Arabien gestrandet).

Auf dieser Strecke habe ich mehr als 28.000 Höhenmeter überbrückt (die Meisten vermutlich im Wasser 😉 ), was in Etwa dem dreifachen Weg auf den Mount Everest entspricht.

Alleine im Training habe ich über 285.000 kcal verbrannt (Ruhenergieverbrauch u.ä. nicht mitgerechnet). Das entspricht in etwa
2100 mittelgroßen Bananen (etwa 5,75 Bananen pro Tag) oder
520 Tafeln Schokolade (etwa 1,42 Tafeln pro Tag).

Umgerechnet sind das 1.192.440 Kilojoule oder 0,28 Wattstunden was wiederum etwa dem Energiegehalt von 40,7 kg Steinkohle oder 28,5 kg Erdöl entspricht.
Jeder möge selber darüber entscheiden, inwiefern ich zur Klimaerwärmung und zum finalen Hitzetod des Universums beigetragen habe.

Hinzu kommen noch etwa 1,5 Fahrradstürze und ein Monsterhämatom.

Fast immer hat es Spaß gemacht, ab und zu war es auch mal schmerzhaft und ein paar Mal sind die Beine auch einfach stehen geblieben.

Was bleibt für 2016?
Längere Distanzen, mehr Training, mehr Kilometer. Das Programm nimmt langsam Formen an. Eine vorläufige Planung ist bei A3K zu finden.

Ich wünsche Euch einen guten Rutsch und einen gelungenen Start ins neue Jahr.

Die Laufsicht: Ein Jahr Swim-Bike-Run Teil 2

Lehrjahre sind keine Herrenjahre – so sagt man jedenfalls. Auch mir sollte nach dem ersten Hoch und den ersten Schritten in meiner neu entdeckten Sportart die Weisheit dieser Sentenz vor Augen geführt werden.

Nach den kleinen Erfolgen beim Quarterman wurden die Ziele für das erste große Event, den Frankfurt City Triathlon, natürlich nach oben geschraubt. Von einer Zielzeit zwischen 2:45h und 2:55h sollte keine Rede mehr sein, vielmehr wollte ich die 2:30h angreifen. Die Voraussetzungen, so glaubte ich, hätten dort nicht besser sein können: eine pfannkuchenflache Radstrecke und eine voll asphaltierte Laufstrecke durch die Frankfurter Innenstadt ohne nennenswerte Höhenmeter. In der Realität gestaltete sich dies allerdings ein wenig anders.
War ich von meinen bisherigen drei Teilnahmen an Triathlonveranstaltungen eher eine unkomplizierte Organisation gewöhnt, so entwickelte sich diese in Frankfurt zu einem ernsthaften Marathon. Freitag Nachmittags galt es die Startunterlagen so wie die Wettkampfbesprechung in der Frankfurter Börse mitzunehmen, Samstags sollte das Rad eingecheckt und für Sonntag musste noch der An- und Abtransport organisiert werden.
Die erste ernüchternde Überraschung erfolgte beim Einchecken des Fahrrads am Samstag Nachmittag. Dass es sich bei der Wechselzone nicht um den üblichen Irrgarten aus Eisengestellen und Bikes handeln würde, war uns bereits im Vorfeld (oder spätestens nach der Wettkampfbesprechung) klar. Aber das der Weg vom Wasser zum Bike eher die Länge einer Laufstrecke bei einem Jedermann-Triathlon entsprach, ernüchterte schon – vor allem als in mir die Erkenntnis reifte, dass ich eine hierfür entscheidende Fähigkeit im Training und in der Wettkampfvorbereitung überhaupt nicht trainiert hatte: das Aufsteigen auf das Rad mit bereits an den Pedalen eingeklinkten Schuhen.
Dies sei dem Sportunkundigen kurz erklärt: Die Wettkampfordnung will es, dass die Radschuhe entweder direkt am Rad fest eingeklinkt in der Wechselzone warten, oder das diese nach dem Verlassen des Wassers und dem Umziehen an den Füßen zu tragen sind. Ein Mitführen der Schuhe in den Händen führt umgehend dazu, vom Kampfrichter ins Umkleidezelt zurückgeschickt zu werden (gerne auch kurz bevor man das eigene Rad erreicht hat).
Ich entschied mich konsequenter Weise für die Variante des Holzschuhtanzes (einen halben Kilometer mit Radschuhen über Stock und Stein holpern) um der möglichen Peinlichkeit vorzubeugen, mich vor versammelter Zuschauerschaft beim Versuch mit bereits eingeklinkten Schuhen auf mein Bike zu steigen, ausgiebig lächerlich zu machen. Ein von einem solchen Sturz angekratztes Ego dämpft die Motivation in diesem Moment doch ganz ungemein.
Nachdem am Samstag auch das Transport-Problem gelöst war (vielen Dank nochmal an Tonys Bruder, der uns von hinten durch die kalte Küche an den Langener Waldsee gefahren hat) standen wir (Tony und ich) also am Sonntag Morgen bereit, uns in das Getümmel und auf die insgesamt 56,5 Kilometer zu werfen.

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Bei einer offiziell gemessenen Wassertemperatur von 21,9°C (Neo erlaubt) fand ich mich recht schnell in einem Haufen Wurstpellen-Schwimmern wieder. Da meine persönliche Temperatur-Schwelle für das Anlegen der Pelle bei 19,9°C liegt, gehörte ich auch an diesem Tag zu der kleinen Randgruppe der “fast nackig” Schwimmer. Zum Start wurden die “Hells Bells” von AC/DC geläutet und ab ging es in die Waschmaschine – 1,5 km im Langener Tümpel. Hier gewann ich die Erkenntnis, dass sich das erste Motivationsloch bereits nach 200-300m einstellen kann. Im Gegensatz zum Schwimmen im Becken liegen die Orientierungspunkte weit auseinander und wollen auf den ersten Metern auch nicht wirklich näher kommen (“Wie, noch 5 mal die gleiche Strecke???”). Es galt also für mich, meinen Rhythmus zu finden und mich aus der Gruppe freizuschwimmen um möglichst die obligatorischen Unterwasserkämpfe zu vermeiden. Nach 700m war dann der Rythmus und die Motivation da und ich konnte mein Tempo bis zum Ende durchschwimmen – sogar das ein oder andere Temposcharmützel konnte ich mir erlauben.
Der Ausstieg gelang gut, mein selbst deponierter Wechselbeutel war schnell gefunden und ab ging es ins Umkleidezelt. Da ich mir den Neo erspart hatte, galt es für mich nur die Socken und Radschuhe anzuziehen, die Schwimm-Utensilien im Beutel zu verstauen und diesen in der “Drop-Off” Zone abzuwerfen. Es folgte der besagte “Holzuschuhtanz” bei dem ich mir schwor, dass ich in der nächsten Saison definitiv das professionelle Auf- und Absteigen auf das Rad in meinem Trainingsplan einbauen würde.

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Erstaunlicher Weise erwies sich die eigentlich so flache Radstrecke als gefühlt gar nicht so flach. Nach Höhenprofil sollte es die ersten 10 km über die Kennedy-Allee nach Sachsenhausen kontinuierlich leicht bergab gehen. Dem war subjektiv nicht so. Vielmehr hatte ich es vorher noch nie als so anstrengen empfunden, nur kerzengeradeaus zu fahren. Erst nach 15 km kam die Beine langsam in Tritt und sollten es irgendwie noch schaffen, einen Schnitt von fast 35 km/h auf die 45 km auf den Asphalt zu pedalieren.
Der abschließende 10 km Lauf brachte die Erkenntnis, das die Frankfurter Innenstadt einfach kein Ort für mich ist, an dem ich gerne renne. Häuserfassaden sind eintönig und nicht nur die Kaugummi-Reste auf den Kacheln der Zeil lassen sich die Strecke in eine unendliche Länge ziehen.
Mein Ziel, die gesamte Distanz unter 2:30h zu laufen, habe ich um 10 Minuten verfehlt.

Nach dem ersten Frust und einer etwas nüchterneren Betrachtung des Ganzen kann ich aber im nachhinein trotzdem sagen, dass der Wettkampf mehr positive als negative Eindrücke bei mir hinterlassen hat. Es gab viel zu lernen für zukünftige Vorhaben und objektiv gesehen war weder die Zeit noch die Platzierung im ersten Drittel der Gesamtwertung wirklich schlecht. Ob ich noch einmal bei dieser Veranstaltung antreten werde sei dahin gestellt – dafür hat mich die Atmosphäre einfach nicht genug gepackt.
Es ist einfach eine Tatsache, dass beim Triathlon nicht alleine die Distanz über die Zeit entscheidet. Die Rahmenbedingungen wie Wetter, Wechselzone, Gelände und Mitstreiter sind einflussreiche Faktoren bei der Jagd nach der eigenen Bestzeit und nur, weil diverse Wettkämpfe die Streckenbezeichnung “Kurzdistanz” oder “olympische Distanz” verwenden, heißt das noch lange nicht, dass sich diese Wettkämpfe auch nur annährend gleichen müssen.

Anmerkung: Auch beim letzten Wettkampf der Saison in Rodgau habe ich die angepeilte Marke von 2:30h wieder knapp um 3 Minuten verfehlt. Ärgerlich aber nicht tragisch. Noch nicht erreichte Ziele halten die Motivation hoch – und wer weiß, vielleicht erreiche ich eben diese in der nächste Saison als “Nebenprodukt” meines Weges zur Mitteldistanz.

Die Laufsicht: Ein Jahr Swim-Bike-Run Teil 1

Genau ein Jahr liegt zwischen den oben gemachten Fotos, welche exakt die selbe Person an der selben Stelle (der Zielgerade des Rodgau Triathlons) zeigen. Ein Jahr, in dem sich vieles geändert hat. Ein Jahr voller neuer Eindrücke, Erfahrungen und Erkenntnisse.
Meine erste komplette Triathlonsaison ist vorüber und es wird Zeit, einige Eindrücke und Erfahrungen nieder zuschreiben.

“Ein Jahr und 20 kg weniger” – so könnte eigentlich das Fazit lauten. Das würde aber den Erfahrungen, welche ich gemacht und den Erkenntnissen, die ich gesammelt habe bei Weitem nicht gerecht werden.
Es stellt sich die Frage: wo beginnen? Die Erfahrung lehrt uns, dass am Anfang zu beginnen eigentlich eine recht vernünftige Idee ist und deswegen werde ich das auch hier tun.

Als ich am 24.8.2014 morgens am Rodgauer Badesee antrat, meinen ersten Jedermanntriathlon in Angriff zu nehmen, war mir noch nicht klar, was mich erwarten und welche Konsequenzen sich daraus ergeben würden. Sechs Wochen hatte ich dafür trainiert, mir ein Rennrad geleistet, vernünftige Laufschuhe gekauft und mein Sortiment an Laufhosen und Shirts erweitert. Voller Motivation ging es nach dem Startschuss in das 17°C kalte Wasser (ohne Neopren!). Schwimmen hatte ich ja über all die Jahre nie verlernt und so konnte ich die 400m in einer für Jedermänner doch flotten Zeit von um die 7 Minuten hinter mich bringen. Es ging zum Wechsel, dann aufs Bike. Auf der 14 Kilometer langen Radrunde kam ich mir recht flott vor, bis zu dem Zeitpunkt als ich von einem Herrn auf einem Trekkingrad überholt wurde. Ein wenig kratze das schon an der Ehre, denn dafür hatte ich kein Geld in ein Rennrad investiert. Mit einem damals für mich unglaublichen Schnitt von 28 km/h beendete ich die Runde und ging auf die Laufstrecke. Im Vorfeld war ich schon ab und an mal bis zu 10 km gelaufen – und genau so fühlten sich diese 4 Kilometer an. Für meine damaligen Verhältnisse lag der Wendepunkt in weiter, weiter Entfernung. Aber ich lief durch und hatte nach 1:05 meinen ersten Triathlon als 105 von 148  gefinisht (ein furchtbarer Anglizismus, aber dass muß wohl so…). Keine Platzierung, auf die man sich wirklich was einbilden könnte und auch mein selbst gestecktes Ziel, unter einer Stunde zu bleiben,hatte ich verfehlt.
Wie auch immer: meinen ersten (Mini-)Triathlon hatte ich beendet und mich trotzdem wie ein halber Ironman gefühlt. Das Saatkorn war gesät – ich hatte mich mit dem Virus infiziert.

In der Euphorie des ersten Finishs entstanden fast schon wie selbstverständlich die Pläne für 2015. Die olympische Distanz sollte es werden – es mussten nur die passenden Wettkämpfe gefunden werden. Der erste Kandidat war mit Rodgau praktisch schon von selbst gesetzt – und bis Ende des Jahres hatte ich meinen Wettkampfplan komplett. Quarterman, City Triathlon und der Rodgau Triathlon. Ein umfangreiches Unterfangen für jemanden, der gerade erst angefangen hat.
Aber mit Meldung zu den Wettkämpfen kam die Intensivierung des Trainings ganz von selbst. Aus 3-4 Stunden die Woche wurden plötzlich um die 10-12 Stunden und noch vor Jahresende entstand ein vollständiger Trainingsplan – Umfänge und Methoden, die ich selbst in meiner Zeit als aktiver Schwimmer so nie angegangen bin.
Nebenher lief ich noch meinen ersten Halbmarathon (Die Laufsicht: 13. Lufthansa Halbmarathon) welcher als Ergebnis nicht nur die Erkenntnis brachte, was man in kurzer Zeit mit Motivation und Willen erreichen kann, sondern ebenso das Wissen, dass ich inzwischen ein doch recht passabler Läufer geworden war.

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Das eigentliche “Aha”-Erlebnis sollte aber erst mit dem Quarterman in Bruchköbel kommen. Als Neuling in diesem Sport hatte ich absolut keine Ahnung, auf welche Endzeit ich denn hinarbeiten konnte oder sollte. Als meine persönliche Zielzeit rechnete ich mir also meine Zeiten für jede Disziplin aus, addiert jeweils 10% Prozent und hatte somit eine Idee, wie schnell ich den sein wollte. Geplant war für alle Wettkämpfe über die Kurzdistanz eine Zielzeit zwischen 2:45h und 2:55h (Hauptsache unter 3 Stunden). Über Platzierungen hatte ich mir nur insofern Gedanken gemacht, dass ich möglichst weit weg vom Ende der Ergebnisliste sein wollte.
Der Wettkampf selbst verlief erstaunlich gut. Ich war nach nur 15 Minuten aus dem Wasser (bis dato war ich selten schneller als 17 Minuten auf die 1000m gewesen) und auf dem Bike durfte ich das erste Mal das Gefühl genießen, kaum überholt zu werden, aber selber jede Menge Mitstreiter überholen zu können. Irgend etwas hatte ich wohl über die letzten Monate richtig gemacht.
Der 10,5 km Lauf am Ende fühlte sich (wie erwartet) eher schleppend und langsam an – dass Einzige, was darauf hinwies, dass es einigermaßen voran ging, war die Tatsache, dass mich einerseits sehr wenige Läufer überholten und ich andererseits doch noch einige Läufer überholen konnte.
Als ich im Ziel ankam, war meine Erwartung zumindest die 2:45h geschafft zu haben. Meine Frage an meine bessere Hälfte nach der aktuellen Zeit zeigte jedoch, wie sehr ich mich geirrt hatte: 2:33h! Die erste heftige Überraschung des Tages. Die nächste sollte 30 Minuten später folgen – beim Blick auf die Ergebnisliste: 23 Platz in der Gesamtwertung und dritter Platz in meiner Altersklasse AK35 – Platzierungen, die ich bisher aus meiner sportlichen Laufbahn so noch gar nicht kannte, denn eigentlich tendierte ich bei vielen meiner sportlichen Aktivitäten immer zum hinteren Mittefeld und/oder zum letzten Drittel der Ergebnisliste.

Es muss wohl kurz nach dem Quarterman gewesen sein, als in mir die Erkenntnis reifte, dass ich bei dem was ich da tue eigentlich gar nicht mal so schlecht bin. Offenbar hatte ich die Sportart gefunden, die mit meinem Hang zur extremen Sturheit am kompatibelsten ist.
Auf jeden Fall war ich nach diesem Einstieg in die Wettkampfsaison hoch motiviert für den Frankfurt City- und Rodgau Triathlon.